Donnerstag, 14. Februar 2008

Neutralität und Menschen

In der Türkei hat das Parlament beschlossen, Studentinnen zu erlauben mit ihren Kopftüchern die Universitäten zu besuchen. Dazu wurde sogar das Grundrecht angepasst. Für ein endgültiges in Kraft treten warten nun alle auf den Präsidenten.
Dieser ganze politische Prozess ist für mich wenig interessant.

Ich finde es bedauerlich, dass es so ein Verbot überhaupt gibt (oder gab). Jeder Mensch sollte für sich selbst entscheiden können, wie er sich kleiden möchte. In einem Kleidungsstück ein politisches Symbol zu sehen und darin die Demokratie gefährdet zu sehen ist mehr als an den Haaren herbeigezogen. Auch wenn es Menschen gibt, die das Kopftuch tatsächlich als politisches Symbol verwenden, darf man in einer Demokratie sowas nicht verbieten, weil man damit auch die Freiheit der Menschen die keinerlei politische Ambitionen haben einschränkt. Dies gilt natürlich auch für andere Angelegenheiten und ist somit nicht nur auf das Kopftuch beschränkt.

Zugespitzt:
Auch wenn die Mehrheit der Menschen irgendein Aspekt des Lebens misbrauchen, um ihre politische Meinung damit zu demonstrieren ohne andere Menschen direkt zu beeinträchtigen, ist ein Verbot dieses Aspekts meiner Meinung nach ein Unrecht gegenüber der Minderheit, die ebenso unter dem Verbot leiden würden, auch wenn ihre Ambitionen vollkommen andere sind.

Eben solche Ungerechtigkeiten zu verhindern ist ja die Aufgabe eines Rechtstaates. Das Leben eines Menschen darf vom Staat keinesfalls beeinflusst werden, solange kein Anlass dazu besteht, wie Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. Dabei verstehe ich unter Straftaten und Ordnungswidrigkeiten jeglisches Handeln, welches anderen Menschen schadet oder sie wider ihrem Willen nötigt. Oder wenn die Menschen sich selbst gesellschaftlich oder gesundheitlich schaden.

Glücklicherweise ist der Rechtstaat Deutschland sehr gut entwickelt. Aber auch hier wird leider darüber debattiert ob Lehrerinnen oder Frauen im öffentlichen Dienst Kopftuch tragen dürfen oder nicht. Neutralität ist hier das Schlagwort auf den sich alle beziehen. Aber was ist denn bitte ein neutraler Mensch? Ist ein Mensch ohne Kopftuch neutral?
Die Skala für den PH-Wert reicht von 0 bis 14. Als PH-Neutral gilt die goldene Mitte, also die 7!
Darauf basierend und pragmatisch betrachtet würde ich behaupten eine Frau mit halbem Kopftuch wäre in Bezug auf das Kopftuchtragen tatsächlich neutral. Eine Schule als ganzes wäre dann neutral, wenn es genau so viel Lehrerinnen mit Kopftuch gebe wie ohne.
Zu viel Pragmatismus oder nur Naivität?

Ich bin überzeugt davon, dass es überhaupt keinen neutralen Menschen gibt. Als ein Mensch der das gesamte deutsche Schulsystem durchlief, weiß ich aus eigener Erfahrung, dass es auch keinen einzigen neutralen Lehrer gibt. Allerdings werfe ich denen das nicht vor, denn jeder Mensch hat nun seine Meinung. Auch wenn man das auf dem ersten Blick nicht sieht. Glücklicherweise geht das Lehrer-Schüler-Verhältnis ja über das Betrachten der Kleidung hinaus. In der Tat ist ein Lehrer im Stande einen Schüler sehr stark zu beeinflussen, aber das Geschieht wohl kaum über die Kleidung des Lehrers.

Solange Neutralität von unneutralen Menschen definiert wird, wird es wohl nie die Bedeutung besitzen, die es eigentlich haben sollte. Ich hoffe, dass gewissenhafte Debatten in Zukunft zu einem Neutralitätsverständnis führen, dass dem Ideal nahe kommt.
Bis dahin bleibt nur abzuwarten und zu hoffen, dass wichtige Entscheidungsträger so schnell wie möglich zur Besinnung kommen.

1 Kommentar:

Kayaoğlu 29 hat gesagt…

Ich bin kein neutraler Mensch.